In Deutschland ist die ärztliche Zeitarbeit inzwischen fester Bestandteil vieler Klinikabläufe. Gerade in Zeiten von Personalengpässen oder saisonalen Schwankungen greifen Einrichtungen verstärkt auf Honorarärztinnen und -ärzte zurück. Doch wie wird das Thema in anderen Ländern Europas gehandhabt? Gibt es dort ähnliche Modelle – und wie unterscheiden sich diese von unseren?
Wir werfen einen Blick auf unsere europäischen Nachbarn.
Frankreich: Interimärzte zwischen Bedarf und Regulierung
In Frankreich ist das Konzept der ärztlichen Zeitarbeit schon lange etabliert. Spezialisierte Agenturen vermitteln dort sogenannte „Intérimärzte“ – häufig für Notaufnahmen oder Krankenhäuser in ländlichen Regionen. Allerdings hat die französische Regierung 2017 eine Vergütungsobergrenze eingeführt: Aktuell (Stand 2024) liegt sie bei 1.170 Euro brutto für eine 24-Stunden-Schicht 1.
Rund 7 % der Ärzt:innen in öffentlichen Kliniken sind als Intérimärzte tätig 2. Die öffentliche Debatte ist lebhaft: Kritisiert werden steigende Kosten und eine fehlende Versorgungskontinuität. Les Échos berichtet etwa über wachsenden Druck auf Kliniken durch diese befristeten Einsätze 3.
Großbritannien: Die NHS-Locums
Im britischen NHS-System (National Health Services) gehören sogenannte „Locum Doctors“ fest zur Struktur. Sie übernehmen zeitlich befristete Einsätze und werden entweder über Agenturen oder NHS-interne Vermittlungsplattformen gebucht. Für viele britische Ärzt:innen ist das Locum-Modell ein bewusst gewählter Karrierepfad.
Auch im Vereinigten Königreich wurden in den letzten Jahren Preisobergrenzen eingeführt. So dürfen NHS-Einrichtungen in England seit Einführung der “NHS Improvement Price Caps” im Jahr 2015 nur noch begrenzte Honorare zahlen – beispielsweise liegt der maximale Stundenlohn für ein Consultant-Level Locum je nach Wochentag zwischen £76,10 und £105,00 4.
Unser Gründer, Dr. med. Jochen Jouaux, lernte dieses Modell während seiner Zeit in England kennen. Die dort gelebte Flexibilität und professionelle Umsetzung waren für ihn die Inspiration, eine ähnliche Lösung auf die Gegebenheiten des deutschen Gesundheitswesens zu übertragen – mit Gründung der Facharztagentur als Ergebnis.
Skandinavien: Staatlich organisiert und hochflexibel
In Schweden und Norwegen ist die ärztliche Zeitarbeit besonders gut organisiert – das liegt vor allem daran, dass staatliche Stellen sie aktiv strukturieren und begleiten. Es gibt klar definierte Verfahren für die Ausschreibung von Stellen, einheitliche Vertragsmuster sowie festgelegte Qualitätsstandards für die ärztliche Tätigkeit. Diese Vorgaben schaffen ein hohes Maß an Transparenz und Verlässlichkeit für Kliniken und Ärzt:innen gleichermaßen 5.
Die Vergütung ist attraktiv: In Norwegen liegt der Stundensatz für temporäre Fachärzte zwischen 900 und 1.200 NOK (etwa 80 bis 105 Euro), in Schweden zwischen 850 und 1.100 SEK (rund 75 bis 95 Euro) 6. Für viele Ärzt:innen ein echter Anreiz – auch für internationale Bewerberinnen und Bewerber.
Spanien und Italien: Zeitarbeit auf dem Vormarsch
In Südeuropa war Zeitarbeit im medizinischen Bereich lange die Ausnahme. Das hat sich gewandelt: Heute setzen immer mehr spanische und italienische Kliniken auf befristete Arbeitsverträge. In Spanien etwa machen sie im öffentlichen Gesundheitswesen inzwischen rund 30 % aus 7.
In Italien liegt der maximale Stundensatz für befristet tätige Ärzt:innen seit 2022 bei etwa 60 Euro 8. Oft fehlen jedoch noch klare Strukturen oder spezialisierte Vermittlungsagenturen.
Deutschland: Zwischen Regulierung und Bedarf
Hierzulande regelt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) die ärztliche Zeitarbeit. Trotz strenger Vorgaben ist der Bedarf ungebrochen hoch – insbesondere bei kurzfristigen Ausfällen oder temporären Engpässen. Laut dem Krankenhaus-Report 2023 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) verzeichneten 85 % der Kliniken im Jahr 2022 Schwierigkeiten bei der Besetzung ärztlicher Stellen – ein Teil davon wurde kurzfristig über Honorarärzt:innen abgedeckt 9.
Als Facharztagentur sind wir darauf spezialisiert, Kliniken in genau solchen Situationen zu unterstützen. Wir begleiten den gesamten Prozess: von der ersten Bedarfsklärung über die Auswahl passender Honorarärzt:innen bis hin zur Betreuung während des Einsatzes.


Fazit: Europa rückt bei der ärztlichen Zeitarbeit näher zusammen
Ob als Locum in England, als Intérimärzt:in in Frankreich oder in befristeten Einsätzen in Skandinavien – die ärztliche Zeitarbeit gewinnt in ganz Europa an Bedeutung. Die konkreten Modelle unterscheiden sich, doch das Ziel bleibt gleich: eine flexible und bedarfsgerechte medizinische Versorgung sicherzustellen.
Wir von der Facharztagentur beobachten diese Entwicklungen mit großem Interesse und bringen unsere Erfahrungen aktiv in die Weiterentwicklung des deutschen Marktes ein – immer mit dem Fokus auf Qualität, Sicherheit und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Quellen:
- Vgl. Ministère de la Santé et de la Prévention – https://sante.gouv.fr/ ↩︎
- Vgl. Cour des comptes, Jahresbericht 2023 – https://www.ccomptes.fr/fr/publications/rapport-annuel-2023 ↩︎
- Vgl. Les Échos, “Médecins intérimaires : les hôpitaux publics sous pression”, https://www.lesechos.fr/economie-france/social/lencadrement-de-linterim-met-lhopital-sous-haute-pression-1921449 ↩︎
- Vgl. NHS England and NHS Improvement, Price caps for agency staff (https://www.england.nhs.uk/reducing-expenditure-on-nhs-agency-staff-rules-and-price-caps ↩︎
- Vgl. https://www.helsedirektoratet.no/ und https://www.socialstyrelsen.se/ ↩︎
- Vgl. https://www.legevikar.no/en/ und https://www.vardsupport.se/lediga-jobb/lakarjobb/ ↩︎
- Vgl. Federación de Asociaciones para la Defensa de la Sanidad Pública – https://fadsp.org/ ↩︎
- Vgl. Ministero della Salute, Dekret 2022 zur Eindämmung temporärer Honorarkosten (https://www.salute.gov.it/ ↩︎
- Vgl. https://www.wido.de/publikationen-produkte/krankenhaus-report/krankenhaus-report-2023/ ↩︎