Die Arbeit als Honorararzt hat in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung erfahren. Seit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 2019 (Az. B 12 R 20/18 R) steht fest: Ärztinnen und Ärzte, die in Kliniken als „Honorarärzte“ tätig sind, gelten in aller Regel als sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Heute erfolgt die “freiberufliche” Tätigkeit meist über Arbeitnehmerüberlassung oder überbefristete Anstellungen. Der Begriff „Honorararzt“ steht also für Flexibilität in den Einsätzen, eingebettet in ein festes rechtliches Rahmenwerk.
Für Ärzt*innen bringt das Sicherheit durch die Sozialversicherung, aber auch die Verantwortung, sich zusätzlich abzusichern. Denn gerade im medizinischen Alltag gibt es Risiken, die über die Grundversorgung hinausgehen.
Grundsicherung: Was abgedeckt ist
Über die Sozialversicherung sind Honorarärzt*innen abgesichert wie ihre angestellten Kolleg*innen:
- Kranken- und Pflegeversicherung (gesetzlich oder privat, je nach Einkommen und Status)
- Rentenversicherung bzw. im ärztlichen Bereich das Versorgungswerk. Hier zahlen Ärzt*innen nicht in die Deutsche Rentenversicherung ein, sondern in ein regionales Versorgungswerk. Dieses funktioniert ähnlich wie die gesetzliche Rentenkasse, ist jedoch speziell auf den Arztberuf zugeschnitten und bietet häufig bessere Leistungen bei Berufsunfähigkeit und für Hinterbliebene.
- Arbeitslosenversicherung
- Pflegeversicherung
Damit ist die Basis gesichert. Doch die eigentliche Frage lautet: Welche Versicherungen sind darüber hinaus sinnvoll?
Welche Versicherungen Honorarärzte wirklich brauchen
Berufshaftpflicht – unverzichtbar im Arztberuf
Eine Berufshaftpflichtversicherung ist Pflicht (§ 21 MBO-Ä). Sie deckt nicht nur Schäden durch Behandlungsfehler oder Aufklärungsversäumnisse ab, sondern übernimmt auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche – inklusive Gutachten- und Prozesskosten. In der Praxis bedeutet das: Kommt es zu einem Fehler oder auch nur zu dem Vorwurf eines Fehlers, prüft die Versicherung zunächst, ob die Forderungen überhaupt berechtigt sind. Sie zahlt im Ernstfall Schadensersatz an Patient*innen, übernimmt aber ebenso die Rolle einer Art “Rechtsbeistand” und wehrt überzogene oder unberechtigte Forderungen ab. Damit unterscheidet sich die Berufshaftpflicht deutlich von einer privaten Haftpflicht, die ausschließlich Schäden aus dem Alltag abdeckt. Gerade im ärztlichen Umfeld, wo Schadenssummen schnell in Millionenhöhe gehen können, ist sie die wichtigste Police überhaupt. Sie greift z. B. bei:
- strafrechtlichen Vorwürfen wie fahrlässiger Körperverletzung
- Patientenklagen
- Streitigkeiten mit Kostenträgern oder Behörden
Krankentagegeld – wenn das Einkommen wegfällt
In der Arbeitnehmerüberlassung kann eine längere Krankheit schnell zu Einkommenslücken führen. Eine Krankentagegeldversicherung schließt diese Lücke und zahlt ab einer vereinbarten Karenzzeit.
Weitere sinnvolle Ergänzungen
- Private Haftpflichtversicherung für den Alltag
- Unfallversicherung mit weltweitem Schutz
- Risikolebensversicherung für die Familie
- Private Altersvorsorge als Ergänzung zum Versorgungswerk

Versicherungstipps für Honorarärzt*innen:
Unterschiede nach Fachrichtungen
Je nach Einsatzgebiet unterscheiden sich die Risiken deutlich:
- Anästhesiologie
Narkosefehler können schwerste Folgen haben. Hier sind hohe Deckungssummen und ein umfassender Strafrechtsschutz unverzichtbar. - Chirurgie & Orthopädie
Operationsfehler oder Implantatkomplikationen sind kostspielig. Sinnvoll sind Haftpflichtpolicen mit Nachhaftung sowie eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), die Hand- und Feinmotorik absichert. - Gynäkologie & Geburtshilfe
Geburtsschäden zählen zu den teuersten Haftungsfällen. Empfohlen: besonders hohe Deckungssummen (mindestens 5 Mio. €) sowie BU und Rechtsschutz. - Radiologie & Pathologie
Diagnosefehler sind hier das Hauptthema. Wichtig: Haftpflicht mit Absicherung für Strahlenschäden oder Kontrastmittel. Bei eigener Praxis sind Geräteversicherungen sinnvoll. - Psychiatrie / Psychotherapie
Weniger körperliche Risiken, dafür hohe psychische Belastung. Eine BU ohne Ausschluss psychischer Erkrankungen ist entscheidend. Rechtsschutz ist wichtig bei Konflikten rund um Suizidfälle oder Datenschutz. - Notfall- und Intensivmedizin
Entscheidungen unter Zeitdruck bergen besondere Risiken. Hier ist ein Rechtsschutz mit Spezial-Strafrechtsschutz Pflicht. Auch die Haftpflicht muss Einsätze außerhalb der Klinik abdecken. - Allgemeinmedizin
Hier stehen Fehldiagnosen und Überweisungsversäumnisse im Vordergrund. Eine Haftpflicht für Beratungsfehler, BU für körperliche Belastungen und ein Krankentagegeld sind sinnvoll.
Fazit: Sicherheit trotz Flexibilität
Auch wenn Honorarärzt*innen heute sozialversicherungspflichtig angestellt sind, reicht die Grundabsicherung allein nicht aus. Entscheidend sind:
- Berufshaftpflicht, Berufsunfähigkeitsversicherung und Rechtsschutz als Basis
- Ergänzungen wie Krankentagegeld, Unfallversicherung und Altersvorsorge
- Eine Anpassung des Versicherungsschutzes an die Fachrichtung
Wer diese Punkte beachtet, kann die Vorteile flexibler Arbeit in der Ärztevermittlung genießen und trotzdem sicher in die Zukunft blicken. Der richtige Versicherungsschutz sorgt dafür, dass die Balance zwischen Flexibilität und Sicherheitgelingt.
